Saigon (Ho Chi Minh City)

 

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Ankunft Saigon, bevor der Zug hält, greisen die Gedanken schon darum, was uns wohl erwartet, sobald wir durch den EXIT des Bahnhofs schreiten. Wir sind auf alles vorbereitet, auf Unmengen von Fahrrädern, Mopeds und Autos. Paul hat uns in Mui Ne zuvor erzählt, das der Verkehr in Saigon aus 80% Fahrrädern besteht, 15% Mopeds, und der Rest teilen sich Privat PKWs und Taxis. Diesmal haben wir uns im voraus entschieden das wir hier in die Backpackerszene gehen. De Tham heißt die Straße an der sich Kneipen, Bars, Hotels und Guesthäuser aneinander reihen. Zudem sollen die Preise hier relativ günstig sein, aufgrund der vielseitigen Konkurrenz. Endlich ist es soweit, wir verlassen das Bahnhofsgebäude, aber auf was wir treffen ist nicht das was wir uns in unserer Phantasie ausgemalt haben. Ich würde es als ganz normalen Feierabendverkehr bezeichnen, ja gewiss es ist zwar Rushhour, aber in keinster Weise mit dem zu vergleichen was wir in Hanoi erlebt haben. Und ich denke Paul war schon lange nicht mehr in der Stadt. Fahrräder sehen wir fast keine, auch die darauf folgenden Tage nicht. Nach meiner Beurteilung besteht Saigons Traffic aus 80% Mopeds 5% Fahrräder und der Rest Autos und LKWs. Ohne Probleme ordern wir ein Taxi, das uns in unser ausgesuchtes Stadtviertel bringt. Diesmal ist unsere Taktik nach der Suche der Unterkunft eine andere. Ich verdrück mich erstmal mit unserem ganzen Gepäck in ein Straßencafe, order mir einen starken vietnamesischen Cafe und Angie macht sich auf die Suche und checkt die Zimmer. Hey jetzt könntet ihr ja sagen, Du machst es Dir aber einfach.....aber dem ist nicht so, und ihr werdet mich verstehen wenn ihr mal selber in einem Straßencafe in Saigon gesessen seit. Es gilt nämlich permanent den Andrang von Bücherverkäufern, Postkartenverkäufern, Sonnenbrillen und Zigarettenverkäufern, Joins und Marihuanahändler, Kindern die herzerweichend ihre Ware anbieten abzuwimmeln und dabei doch noch relativ freundlich zu bleiben. Wie schon mal erwähnt, das vietnamesische Volk ist ein zähes Volk und ausdauernd. Und es ist anstrengend diese Freundlichkeit  und die Gelassenheit den ganzen Tag über aufrecht zu erhalten, und nicht in Äußerungen zu verfallen wie " Get out of my face", weil die permanente Bettlerei einen schon mürbe gemacht hat. Und auch ich möchte "mein Gesicht nicht verlieren". Mich nicht zu arroganten, abweisenden Äußerungen hinreißen lassen, obwohl es mir innerlich teilweise Zumute ist. Eine gute Übung, eine gewisse Disziplin zu wahren. Ja, "sein Gesicht nicht verlieren" eine Formulierung die hier in Vietnam einen ganz besonderen Stellenwert aufweißt. Freundschaften wie wir sie bei uns Zuhause kennen, Menschen mit denen man über alles reden kann, denen man seinen Kummer und Sorgen anvertrauen kann, solche Freundschaften wird man hier nur schwerlich finden. Mit seinen Freunden hier verbringt man die Freizeit, geht gemeinsam essen und albert rum, aber man wird nie " sein Gesicht verlieren", indem man über irgendwelche Sorgen und Nöte spricht. Ich kann mir gut vorstellen dass man hier in Vietnam keine Psychiater oder sonstige Seelenklempner findet.  Auch eine direkte Ablehnung ist absolutes Tabu, sollte in einem Restaurant das Essen nicht schmecken, wird man den vollen Teller nie zurück gehen lassen mit der Äußerung, der Koch sollte vielleicht nochmals einen Kurs besuchen, oder nein, es schmeckt nicht, sondern vielmehr mit der freundlichen Formulierung, das Essen ist sehr lecker, aber ja Danke, ich habe keinen Hunger. 

Probleme äußern und Probleme lösen bleibt Sache des Heiligtums, der Familie, sie ist der Notanker für jegliche Ausweglosigkeit. Zu ihr kann man immer wieder zurück kehren und bei ihr findet man Schutz, Rat und Hilfe. Deshalb steht die Familie mit Eltern ,Onkeln und Tanten und der übrigen Verwandtschaft an erster Stelle im Leben eines Vietnamesen, schwierige Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, was bei der Vielzahl an Stimmen teilweise eine langwierige Angelegenheit sein kann. Die Familie ist Dreh und Angelpunkt, in ihr genießt man Sympathie und Liebe, in ihr findet man Harmonie und Frieden. Und für die Familie arbeitet man , Erworbenes, Einkünfte kommt allen Mitgliedern zu Gute. Nach ihr richtet man sein Leben aus. Ein selbstloser Wesenszug, den wir in unserer Gesellschaft kaum noch kennen.

Auch kann ich nicht behaupten dass der Vietnamese das ist worüber ich schon so viel gehört und gelesen hab. Er ist nicht der ständig lächelnde und freundliche Asiate, sondern ein "kostenloses" Lächeln muss man sich schwer erarbeiten. Vietnamesen sind eher extrem cool, und verziehen selten eine Miene. Viele sind uns begegnet , ohne die geringsten Anstalten ihrem Gesicht einen freundlichen Ausdruck zu verleihen. Das eine oder andere Mal als wir Obst oder sonstiges kaufen wollten sind wir teilweise mit einem abweisenden und ignorierendem Blick bestraft worden, weil wir nicht bereit waren den absolut überhöhten Touristenpreis zu bezahlen. Ich denk dabei auch an die Kanufrau die uns durch die trockene Ha Long Bay in Nimh Binh geschippert hat. Natürlich war auch sie freundlich aber auf der halben Fahrt hat sie angefangen uns ihre Tischdecken und sonstiges zu verhöckern. Ich habe ihr zu verstehen gegeben, dass wir nicht daran interessiert sind und das ich ihr ein Trinkgeld geben werde wenn wir wieder an Land sind. Und ich hab ihr für mein Empfinden und für vietnamesische Verhältnisse ein großzügiges Trinkgeld gegeben, aber ihr Kommentar war, es nicht genug, sie will so und soviel. Es hat mich deprimiert, wie gierig sie nach Dollars sind, und am liebsten hätte ich ihr das Trinkgeld wieder aus der Hand gerissen, zumal wir ja für die Bootsfahrt am Counter bereits teuer bezahlt haben. Ich hab den Eindruck gewonnen es ist ein gewisses Kalkül dabei, wenn Dienstleistende frohgelaunt und lächelnd auftreten. Und genau aus diesem Grund war ich auch umso mehr angenehm überrascht als die nette Dame in Mui Ne uns nichts für den Pick Up in Rechnung gestellt hat. Wir sind lange am rätseln, wodurch sich die Vietnamesen von den Thailändern unterscheiden, insbesondere was den Kontakt mit Fremden betrifft. Suchen verzweifelt nach einer Beschreibung oder nach einer Formulierung, warum wir uns hier nicht so wohl fühlen wie in Thailand, und ich glaube Angie hat schließlich die passende Formulierung gefunden. Es fehlt ihnen einfach der gewisse Charme, ja, den Charme, uns, die Touris zu bescheissen oder die Dollars ein zu fordern. Wenn wir schon ausgenommen werden dann zumindestens so dass man es uns nicht buchstäblich unter die Nase reibt. Leben und leben lassen.

Es liegt mir sehr am Herzen zu betonen, dass all das rein subjektives Empfinden ist und ich hier in keinster Weise Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben will. Auch wir haben uns von subjektiven Empfinden beeinflussen lassen, zumindestens was Saigon betrifft, und es ärgert uns umso mehr dass wir aufgrund all der Aussagen nicht vielmehr Zeit für Saigon eingeplant haben. Es ärgert uns sogar so sehr, dass wir die Möglichkeit in Betracht ziehen kurzerhand unser Visa zu verlängern, aber entscheiden uns dann doch dafür weiter nach Kambodscha zu gehen. Life is a bitch, oder, bevor man sich eine Meinung über irgendetwas bildet, sollte man sich erst mit dem selbigen auseinander setzen.

Nach ca. 20min kommt mein Schatz zurück, mit der freudigen Nachricht, ich hab ein schönes neues Guesthaus gefunden, mit sauberen Zimmern und das für 16 $.  Also, nichts wie auf ins Hotel Gepäck abladen, raus, wieder auf die Straße um Ausschau nach einem schönen gemütlichen Restaurant zu suchen und  nach was leckerem  zu essen. Auch das finden wir gleich um die Ecke und das besondere daran man kann in den Kochtopf schauen, was uns ein sehr gutes Gefühl beschert, zumal wir sehen können wie die Mahlzeiten zubereitet werden. Die Küche erweist als eine Art Holzbude auf der anderen Straßenseite, die einem ringsum Einblick gewährt.

Da wir für Saigon nur zwei Tage Zeit haben heißt es früh aufstehen. Nach einem Frühstück, über das wir besser nicht reden machen wir uns auf die Highlights Saigon zu entdecken. Für größere Entfernungen nehmen wir uns Mopedtaxis, die kleineren bewältigen wir zu Fuß. Im Gegensatz wie wir erwartet haben, gefällt uns die Stadt sehr gut und auch der Verkehr kommt uns nicht mal annähernd so chaotisch vor wie in Hanoi. Aber vielleicht haben wir uns auf unserer Reise von Nord nach Süd auch schon daran gewöhnt. Es ist für uns auch kein Thema zu dritt auf dem Moped durch die Stadt zu düsen. Wie schon erwähnt ärgert es uns dass wir nur 2 Tage für diese Stadt eingeplant haben, da sie wirklich einen ganz besonderen Flair ausstrahlt und nicht zu Unrecht als "Little Paris" bezeichnet wird. Vorbei an alten Kolonialvillen, an legendären Reporterhotels, wie das Continental und das Rex, am Rathaus und General Post Office, über das Kriegsmuseum, bis hin zu der ehemaligen amerikanischen Botschaft, von deren Dach die Flüchtlinge bis zu letzt ausgeflogen wurden, geht unsere Tagestour. Permanent tauchen Bilder in mir aus dem Film " Good Morning Vietnam"  auf, obwohl er nicht in Vietnam gedreht worden ist, treffe ich den Entschluss sobald wir wieder Zuhause sind werde ich ihn mir aus der Videothek ausleihen.

Der zweite Tag ist vorwiegend durch den Besuch der Tunnelsysteme des Vietcongs geprägt. Diese liegen ca. 60km außerhalb der Stadt, in  dem kleinen Ort Cu Chi, aber wir unternehmen die Tour nicht auf eigene Faust sondern schließen uns einem Tourveranstalter an, so dass wir in den Genuss eines englisch sprechenden Guides kommen. Früh aufstehen ist wiederum angesagt, denn gegen 8.00 in der Früh sollen wir vor der Agentur stehen vor der der Bus abfährt. Wie schon einmal erwähnt, Vietnam zu besuchen ohne mit dem Krieg konfrontiert zu werden ist schier unmöglich. Alleine durch das Bild der Straße, auf denen man auf unzählige Verkrüppelte und missgebildete Menschen stößt. Sie alle dienen als Mahnmal dieses unmenschlichen, und grausamen Krieges. Ein Krieg der nicht hauptsächlich durch konventionelle Waffen gekennzeichnet war, sondern vielmehr durch den Einsatz von chemischen Kampfstoffen und Brandbomben die zig tausenden Unschuldigen das Leben gekostet hat. Überlebende und deren Nachkommen zu Krüppeln gestempelt, und ganze Landstriche für Jahre hinweg unnutzbar gemacht hat. Ohne es leugnen zu wollen, empfinde ich eine starke Sympathie gegenüber diesem Volk, das sich trotz dieser übermächtigen Kriegsmaschinerie nicht in die Knie zwingen ließ. Auf hinterlistigste Art und Weise um das eigene Leben und für ihre Überzeugung bis zum umfallen kämpfte. Auch das Tunnelsystem das sich von Hanoi bis hin in nach Saigon über tausende von Kilometern  erstreckt, ist mehr oder weniger Ausdruck dafür, zu welchen Kraftakten Menschen mit einfachsten Mitteln fähig sind. Vielleicht ist dieser Kampfgeist verantwortlich dafür, wie sehr sich das Land von diesem Krieg  bereits erholt hat, und wie weit es schon in seinem wirtschaftlichen Wachstum fortgeschritten ist, auch wenn in Städten wie Hanoi und Saigon die Kluft zwischen reich und arm, zwischen Sozialismus und Kapitalismus unübersehbar ist.

Auch am dritten Tag, heißt es sehr früh aufstehen. Es ist 5.40 und unser Wecker bimmelt schon zum dritten mal. Aufstehen, frisch machen, packen, auschecken und unterwegs noch schnell frühstücken, damit wir pünktlich vor der Agentur stehen in der wir tags zuvor unsere 2 tägige Mekong Delta Tour gebucht haben, die uns schließlich hinauf nach Phnom Penh führen soll. Ja, es heißt so langsam Abschied zu nehmen, von diesem Land, indem wir uns am Anfang so schwer getan haben, an das wir uns aber um es auf einen Nenner zu bringen im Laufe unserer Reise gewöhnten. Aber ein muß ich noch erwähnen, an die vietnamesische Küche haben wir uns nicht gewöhnt, Angie und ich sind uns einig dass sie in keinster Weise mit der Thailändischen Küche vergleichbar ist. Zumindestens nicht für unser Empfinden.